Der russische Dichter Leo N. Tolstoi erzählt eine tiefsinnige Geschichte: „Ein wohlhabender Mann wollte den Menschen Gutes tun. An einem Ort, wo viele Menschen vorbeikamen, richtete er ein Gasthaus ein. Es entstanden gemütliche Räume. Öl für die Beleuchtung und Holz für den Ofen war reichlich vorhanden. Die Vorratskammern waren gefüllt mit Lebensmitteln, Speisen und Getränken. Er ließ Betten herrichten und sogar die Schränke mit Kleidungsstücken füllen. Das alles musste für viele Menschen ausreichen.
Als das Gasthaus fertig war, schrieb der Mann eine Gebrauchsanweisung für dieses gastfreundliche Haus:
Diese Anweisung heftete der Mann an die Eingangstüre, und dann zog er sich zurück.
Die Menschen kamen, lasen die Anweisung an der Türe aber nicht. Sie benutzten alles im Haus, ohne an ihre Mitmenschen zu denken. Sie fingen an, von den Vorräten für sich einzustecken, obwohl sie die meisten Dinge gar nicht nötig hatten. Jeder dachte nur an sich. Schon bald fingen sie an zu streiten. Sie fingen an, sich die Dinge gegenseitig zu entreißen – und zerstörten sie dabei. Einige zerstörten sogar die Vorräte in der Absicht, dass die anderen sie nicht bekommen sollen. Schon bald war alles zerstört, was im Gasthaus war. Sie froren, hungerten und litten unter dem Unrecht, das sie sich gegenseitig zugefügt hatten und zufügten. Und sie begannen, über den Gastgeber zu schimpfen: Er hätte mehr Vorräte anlegen sollen – er hätte Aufseher einsetzen sollen – er hätte es dem Gesindel nicht erlauben sollen, ins Gasthaus zu kommen, er habe diese Stätte zum Unglücksort gemacht.“
Hat Leo Tolstoi mit dieser Geschichte unsere Situation auf unserer Erde nicht treffend dargestellt! Mit anderen Worten könnte man sagen: Wir Menschen sitzen alle im gleichen Boot. Wenn Menschen sich streiten und bekämpfen oder verantwortungslos sind, leiden wir alle mehr oder weniger darunter.
Wir müssen feststellen, dass durch Verantwortungslosigkeit und Umweltsünden unsere Lebensgrundlagen gefährdet werden, dass grausame Herrscher Menschenrechte missachten und anderen Leiden zufügen, dass Extremisten durch grausame Attentate Menschen töten oder verletzen, dass Völker sich befeinden und miteinander Krieg führen, um nur einige negative und verantwortungslose Verhaltensweisen zu nennen. Wenn wir Menschen so weitermachen wie bisher, zerstören wir uns unsere Lebensgrundlagen.
Diese Entwicklung könnte aufgehalten werden, wenn sich die Mehrheit der Menschen wieder ihrem Schöpfer und seiner Schöpfung zuwenden würde. Wer sich ihm als Schöpfer des Lebens verantwortlich weiß, wird mit der Natur, allem Geschaffenen, den Pflanzen, Tieren und Menschen rücksichtsvoll umgehen. Er wird sich fragen, was der Schöpfer gewollt hat, und in Harmonie mit ihm leben wollen. Wenn Menschen sich ihm verpflichtet wissen, werden sie sich eher einigen und den rechten Weg finden. Herrscher werden nicht grausam und diktatorisch werden.
Ganz so selbstverständlich wird es freilich nicht sein. Auch wer an Gott glaubt, wird Fehlhaltungen und schlechte Eigenschaften haben. Unser Leben wird auch von Trieben und Ansichten bestimmt. Diese sind von Gott gewollt und daher gut. Sie dürfen nicht abgetötet werden. Aber durch übersteigerte Selbstliebe werden Triebe zu Süchten, die Leiden bringen (Ichsucht, Habsucht, Herrschsucht, Genusssucht, Geltungssucht …). Der rechte Weg heißt hier: Der Selbstsucht durch praktizierte Nächstenliebe das rechte Maß geben. Auf diese Weise können alle Süchte abgebaut werden. Deshalb muss jeder Mensch sich immer wieder vor Gott prüfen, von anderen vorgebrachte Kritik überdenken und durch mehr Gottvertrauen und Liebe zu ihm und den Mitmenschen seine Fehlhaltungen abbauen.
Hierbei ist auch der Glaube an ein Leben nach dem Tod entscheidend, denn auf Erden gibt es noch keine ausgleichende Gerechtigkeit. Und erst dieser Glaube verstärkt die Motivation, ein guter Mensch zu sein. Bei unserem Glauben ist ferner ein positives Gottesbild von größter Bedeutung: dass wir an einen wohlwollenden, freundlichen und guten Gott glauben und uns in Gott und einer Gemeinschaft geborgen fühlen. Ich bin überzeugt, dass es weniger Missstände geben würde, wenn viele Menschen dies berücksichtigen würden und sich Gott verantwortlich wüssten.
Im folgenden Abschnitt möchte ich darlegen, dass „Gott zwar nicht mit den Mitteln und Methoden der Naturwissenschaft bewiesen werden kann, wohl aber für jeden, der sich guten Willens der Vernunft und Wahrheit nicht verschließt, unwiderlegbar ist“ (Prof. Dr. Wolfgang Kuhn).